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Reform der Ergänzungs­leistungen

Die Reform der Ergänzungsleistungen (EL) ist am 22. März 2019 von National- und Ständerat verabschiedet worden. Inclusion Handicap zieht ein verhalten positives Fazit.

Die Kosten der Ergänzungsleistungen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Einerseits ist die demographische Entwicklung bei den Altersrentnern sowie die zunehmende Finanzierung des Aufenthalts in Pflegeheimen durch die EL für diese Entwicklung verantwortlich. Andererseits haben verschiedene gesetzliche Revisionen (Neuer Finanzausgleich, Pflegefinanzierung, verschiedene IVG-Revisionen mit Abbau von IV-Leistungen) zu einem Anstieg der Kosten bei den Ergänzungsleistungen geführt. Die EL sind für viele Menschen mit Behinderungen zentral: Rund die Hälfte der IV-Beziehenden sind auf sie angewiesen. 

Der Bundesrat präsentierte im September 2016 die Botschaft zur EL-Reform. Nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen wurde sie am 22. März 2019 durch National- und Ständerat abgesegnet. In der Debatte setzte der Nationalrat zur irrsinnigen Sparorgie an, der Ständerat korrigierte zumindest teilweise. Dennoch: Insgesamt werden Bund und Kantone über 400 Millionen Franken jährlich sparen. Dies bedeutet für einige EL-Beziehende einen einschneidenden Leistungsabbau. 

Steigende Mieten: Problem endlich angepackt

Beim dringendsten Problem konnte sich das Parlament endlich zu substanziellen Verbesserungen durchringen. Die Mietzinsmaxima – die maximalen EL-Beiträge an die Wohnkosten – werden erhöht. Seit 18 Jahren sind diese nicht mehr angepasst worden. Da die Mieten seither exorbitant gestiegen sind, wurden viele Betroffene in die Armut gedrängt. Dieser Missstand wird nun behoben, denn die heutigen Beiträge decken die Mieten kaum mehr ab. Speziell betroffen sind Mieterinnen und Mieter im Rollstuhl, da rollstuhlgängige Wohnungen fast durchwegs teurere Neubauten sind. Deshalb ist es erfreulich, dass die Behindertenverbände Gehör fanden und das Parlament neben den Mietzinsmaxima auch den Rollstuhlzuschlag um CHF 2400.- jährlich erhöht hat (auf insgesamt maximal 6000 Franken pro Jahr).

Inclusion Handicap ist erleichtert, dass einige einschneidende Sparmassnahmen im Verlauf der Debatte entschärft werden konnten, so zum Beispiel (Auswahl):

  • Pauschale Bestrafungsvorschläge und Bevormundung hatten im Nationalrat Konjunktur: Dessen Vorschlag, die EL generell um 10 Prozent zu kürzen, falls jemand sein Pensionskassenguthaben ganz oder teilweise bezogen hatte, wurde in der letzten Runde im Nationalrat versenkt.
  • Das Einkommen der Ehegatten wird zu 80 Prozent und nicht vollumfänglich (wie vom Bundesrat vorgeschlagen) angerechnet.
  • Die Regelung zum Vermögensverzicht gilt für IV-Rentenbeziehende erst ab Rentenbeginn.
  • Auf die vom Nationalrat vorgeschlagene 10-jährige Mindestbeitragsdauer wurde verzichtet.
  • Die maximalen Beiträge der EL an die Krankenkassen richten sich nach der kantonalen Durchschnittsprämie – und nicht wie von beiden Räten ursprünglich gefordert nach der drittgünstigsten Prämie oder der tieferen kantonalen Richtprämie. Dies hätte einerseits massive finanzielle Folgen für Betroffene gehabt, und andererseits wäre die Wahlfreiheit eingeschränkt worden.

Familien und Heimbewohner: Der Gürtel bleibt eng geschnallt

Die beschlossenen Sparmassnahmen haben für einen Teil der EL-Beziehenden einschneidende Folgen, namentlich für Familien. Die Beiträge für Kinder unter 11 Jahren werden empfindlich gesenkt, z.B. um 3000 Franken jährlich für das erste Kind. Immerhin wird diese Senkung durch die Berücksichtigung der Kosten für familienergänzende Betreuung teilweise kompensiert. Nach wie vor bleiben für viele Heimbewohnerinnen und -bewohner kaum finanzielle Mittel für alltägliche Ausgaben: Der Betrag für ihre persönlichen Auslagen (z.B. für Kleider oder öV) ist je nach Kanton minimal. Deshalb trifft sie die Senkung des Vermögensfreibetrags speziell hart.

Trotz diesen unerfreulichen Sparmassnahmen unterstützt Inclusion Handicap nach Abwägen der Vor- und Nachteile die so beschlossene EL-Reform. Der politische Dachverband der Behindertenorganisationen macht aber klar, dass die Kosten der EL unweigerlich wieder anwachsen werden, wenn bei der IV wieder munter gestrichen wird, namentlich durch die in der Frühjahrssession 2019 vom Nationalrat beschlossene Kürzung der Kinderrenten. Damit werden jährlich Kosten von geschätzten 47 Mio. Franken zu den Ergänzungsleistungen verlagert, sollte der Ständerat nicht korrigierend einwirken.


Factsheets: Was ändert sich mit der EL-Reform?


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