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ÖV & Mobilität

Mobilität ist eine zentrale Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Oft ermöglicht sie es erst, eine Ausbildung zu absolvieren, berufstätig zu sein, soziale Kontakte zu pflegen und Freizeitangebote zu nutzen. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) verlangte mit einer Frist bis Ende 2023 die autonome und spontane Nutzung des ÖV. Doch auch nach Ablauf dieser Frist präsentieren sich bei der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr der Schweiz eklatante Lücken. Wichtig ist: Die rechtliche Verpflichtung durch das BehiG bleibt bestehen. Behindertenverbände fordern eine neue Regulierung und ein besserer Einbezug bei der Planung der weiteren Umsetzung.

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) verpflichtete Unternehmen des öffentlichen Verkehrs und die Behörden, Fahrzeuge sowie Bahnhöfe und Haltestellen bis Ende 2023 an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen anzupassen. Nach Ablauf dieser Frist zeigt sich, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht die notwendige Priorität erhielten: Rund 500 Bahnhöfe und gar zwei Drittel aller Bus- und Tramhaltestellen waren am Ende der Frist noch nicht barrierefrei nutzbar. Auch nach Ablauf dieser Frist bleiben die Verpflichtungen durch des BehiG bestehen. Die Behörden und Transportunternehmen sind daher aufgefordert, die volle Barrierefreiheit im ÖV bis spätestens 2030 mithilfe eines konsequenten Monitorings durchzusetzen. 

Ziel: Menschen mit Behinderungen haben Zugang zum gesamten System des öffentlichen Verkehrs und können dieses gleichberechtigt und autonom nutzen.

Handlungsbedarf ist gross

Gemessen an der gesellschaftlichen Bedeutung und der Wichtigkeit für viele betroffene ÖV-Nutzer:innen erhält die Barrierefreiheit nicht die notwendige Priorität. Der Handlungsbedarf ist immer noch gross: An vielen Bahnhöfen und Bushaltestellen haben die Haltekanten noch nicht die erforderlichen Höhen. Zudem sind weiterhin Hochflurfahrzeuge in Betrieb, bei denen der Eintritt für Passagier:innen mit Gehbehinderungen erschwert ist. Weiter gibt es Rampen, die im Rollstuhl schwer befahrbar sind und für die kein Lift als Ersatz bereitsteht. Barrierefreiheit geht aber noch weiter und betrifft z. B. auch die Kundeninformationssysteme. Diese müssen immer mindestens zwei menschliche Sinne ansprechen. Lautsprecherdurchsagen müssen folglich auch visuell sichtbar gemacht werden. Umgekehrt müssen Informationen auf Anzeigetafeln oder Ticketautomaten für Menschen mit Sehbehinderungen akustisch zugänglich sein.

Ziel: Neue Regulierungsschritte sorgen für eine vollständige Umsetzung der BehiG-Vorgaben im ÖV bis spätestens 2030.

Einbezug von Menschen mit Behinderungen gefordert

Der Einbezug von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen bei der Ausarbeitung weiterer Massnahmen zur konsequenten Umsetzung des BehiG im ÖV ist zentral. Fachkommissionen von Selbstvertreter:innen bringen aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen wertvolles Knowhow ein. Unterstützt werden sie von ihren Verbänden, die über Expertise und Lösungsansätze zur Umsetzung der Behindertenrechte verfügen und die von den zuständigen Behörden möglichst früh involviert werden wollen. Inclusion Handicap beispielsweise informiert und berät Transportunternehmen sowie kantonale und kommunale Behörden zu technischen Fragen im ÖV-Bereich. Mehr hierzu finden Sie unter «Technische Beratung ÖV».

Ersatzmassnahmen nur als Überbrückung

Bei rund einem Drittel der Bahnhöfe in der Schweiz müssen die BehiG-Vorgaben noch umgesetzt werden. Seit Anfang 2024 bieten Transportunternehmen an allen noch nicht umgebauten Bahnhöfen Überbrückungs- bzw. Ersatzmassnahmen wie Hilfeleistungen durch das Personal oder auch Shuttle-Services an. 

Auch wenn Ersatzmassnahmen bestehende Missstände kompensieren sollen, sind sie immer nur die zweitbeste Lösung. Ersatzmassnahmen wirken entweder separierend oder greifen stark in die Autonomie der Betroffenen ein. Sie zeigen deutlich: Menschen mit Behinderungen können auch nach Ablauf der 20-jährigen BehiG-Frist weder spontan noch autonom reisen. Eine neue Regulierung im Behindertengleichstellungsgesetz ist deshalb zwingend erforderlich. Diese muss eine Etappierung mit verbindlichen Zwischenzielen, eine griffige Kontrolle und allenfalls damit verbundene Sanktionen sowie eine neue gesetzliche Frist bis allerspätestens 2030 beinhalten. Die Politischen Forderungen von Inclusion Handicap finden Sie im Positionspapier vom November 2023.