Handicap und Politik 06/2021
Handicap und Politik 06/2021
Im Handicap und Politik 06/2021: Die Delegierten verabschieden eine Resolution zu den politischen Rechten, die Schweizer Gebärdensprachen müssen endlich rechtlich anerkannt werden und weitere News aus der Herbstsession.
Politische Partizipation
Gleiche politische Rechte für Alle
Am 17. September haben die Delegierten von Inclusion Handicap einstimmig eine Resolution zu den politischen Rechten verabschiedet, welche eine Anpassung der Bundesverfassung und der gesetzlichen Grundlagen fordert: Der kategorische Ausschluss gewisser Menschen mit Behinderungen verstösst gegen die Grundwerte unserer Verfassung und lässt sich mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung nicht vereinbaren.
Politische Mitsprache im Kanton Waadt
Menschen mit schwerer geistiger oder psychischer Beeinträchtigung sollen im Kanton Waadt wie andere Bürger:innen abstimmen und wählen können. Der Grosse Rat hat eine entsprechende Motion angenommen. Dementsprechend wird die Bevölkerung Gelegenheit haben, über eine Änderung der Kantonsverfassung abzustimmen. Inclusion Handicap begrüsst diesen Entscheid und freut sich, dass der Kanton Waadt Bewegung in die Sache gebracht hat.
Gleichstellung
Keine gesetzliche Anerkennung der Gebärdensprachen
Am 24. September 2021 hat der Bundesrat seinen Bericht «Möglichkeiten der rechtlichen Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen» veröffentlicht. Er sieht jedoch die Anerkennung der schweizerischen Gebärdensprachen als keine zwingende Voraussetzung, um die soziale Teilhabe von hörbehinderten und gehörlosen Menschen weiter zu verbessern und verzichtet auf einem Aktionsplan, wie dies von den Postulanten explizit gefordert wurde. Um die Situation von gehörlosen Menschen zu verbessern, braucht es jedoch gesetzliche Verpflichtungen wie auch konkrete Massnahmen.
IV
Berechnungsmethode IV-Renten: Nachbesserung nötig
Häufig werden zur Berechnung des Invaliditätsgrades in der IV statistische Werte aus der Lohnstrukturerhebung (LSE) herangezogen. Dies um beurteilen zu können, welches Arbeitseinkommen mit einer Behinderung noch erzielt werden kann. Die bisherige Praxis ist aber mangelhaft: Die verwendeten Lohntabellen der LSE überschätzen die Einkommensmöglichkeiten der betroffenen Personen mit einer Invalidität systematisch.
Unsichere Entwicklung der IV-Finanzen
Laut dem Bund hat die Corona-Pandemie die Unsicherheit über die künftigen Einnahmen und Ausgaben der Invalidenversicherung (IV) deutlich erhöht. Gemäss den jüngsten Finanzperspektiven des Bundesamts für Sozialversicherungen wird die IV je nach Szenario ab 2024, 2026 oder 2028 wieder Überschüsse ausweisen.
Nach der Session
Für eine starke Nationale Menschenrechtsinstitution
Der Nationalrat hat nach dem Ständerat der Schaffung einer Nationalen Menschrechtsinstitution (NMRI) zugestimmt. Das ist ein grosser Erfolg auch für die Rechte der Menschen mit Behinderungen. Inclusion Handicap begrüsst den deutlichen Entscheid des Parlaments. Damit die NMRI den Menschenrechtsschutz konkret stärken kann, benötigt sie eine ausreichende Grundfinanzierung. Fehlt eine solide Finanzierung, ist die Glaubwürdigkeit der Schweizer NMRI insbesondere auch auf internationaler Ebene gefährdet.
Ausnahmen von der Beitragsmessung AHV 21 (Freibetrag)
Die AHV 21 befindet sich zur Zeit in der Differenzbereinigung der beiden Parlamentskammern. Schon einig ist sich das Parlament über einen Punkt, welchen Inclusion Handicap eingebracht hatte: Nach dem Erreichen des Referenzalters sollen neu die auf dem Erwerbseinkommen über einem Freibetrag bezahlten AHV-Beiträge rentenwirksam sein. Für etliche Menschen mit Behinderungen besteht ein Interesse daran, so Lücken zu schliessen und ihre Rente aufzubessern. Dies weil sie gesundheitsbedingt z.B. einer Teilzeitarbeit mit bescheidenem Lohn nachgingen oder Beitragslücken aufweisen. Es ist deshalb aus Sicht dieser Menschen wichtig, dass Rentnerinnen und Rentner, welche ihre Rente durch Erwerbsarbeit aufbessern wollen, auch auf den Freibetrag verzichten können und so mehr AHV-Beiträge gutgeschrieben erhalten. Dies haben beide Kammern so beschlossen.
IV-Ausweis und IV-Verfügung
Der Ständerat hat in der Herbstsession zwei Vorstösse angenommen, die für Menschen mit Behinderungen deutliche Erleichterungen bringen: Eine Motion von Nationalrat Lohr fordert die automatische Zustellung des IV-Ausweises auch für den Bezug von Hilflosenentschädigung (HE) - analog zu Personen mit einer IV-Rente. Damit wird der Zugang zu Vergünstigungen Privater für Menschen mit Behinderung ermöglicht. Eine besondere Bedeutung hat die Neuregelung für Kinder, die seitens IV keinen anderen Ausweis erhalten können. Die zweite Motion stammt von Nationalrat Flach und fordert, dass die IV bei ihren Entscheidungen den wesentlichen Inhalt in leichter Sprache erklärt. Inclusion Handicap begrüsst diesen Entscheid: Es ist von zentraler Bedeutung, dass alle versicherten Personen die Mitteilungen der IV verstehen.
Inklusives 24h-Beratungsangebot für Gewaltbetroffene
In der Herbstsession nahmen National- und Ständerat insgesamt drei Motionen zu einem 24h-Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Personen an. Damit wird der Bundesrat beauftragt, den schweizweiten Aufbau einer rund um die Uhr erreichbaren, professionellen Telefon- und Onlineberatung zu koordinieren.
Medienspiegel
Ausgewählte Medienbeiträge mit Inclusion Handicap.