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Das Gesetz verlangt hindernisfreie ZügeMedienmitteilung - FV-Dosto der SBB: Weiterzug ans Bundesgericht

Inclusion Handicap zieht die Beschwerde gegen die befristete Betriebsbewilligung des neuen Doppelstockzuges (FV-Dosto) der SBB an das Bundesgericht weiter. Für Menschen mit Behinderungen ist der Grundsatz des autonomen Zugangs zum ÖV absolut zentral. «Genau dieser wird hier aber massiv in Frage gestellt, darum bleibt uns keine andere Wahl als der Weiterzug an das Bundesgericht», stellt Pascale Bruderer, Präsidentin von Inclusion Handicap, fest. «Die neuen Züge brechen das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG). Die bestehenden Hindernisse können Menschen mit Behinderungen nicht akzeptieren.»

Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hatte Ende November 2018 die Beschwerde von Inclusion Handicap fast vollumfänglich abgewiesen. Der politische Dachverband kam nach eingehender Prüfung des Urteils zum Schluss, dass ein Weiterzug an das Bundesgericht in 9 von 11 Punkten unausweichlich ist. Die selbstständige Nutzung des Dostos ist für viele Passagiere mit Behinderungen nicht gewährleistet.

Der Zugang zum ÖV ist für das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Behinderungen von elementarer Bedeutung. «Mobilität ist ein zentraler Schlüssel für ein selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Leben», so Bruderer. «Von Menschen mit Behinderungen wird erwartet, dass sie Eigenverantwortung übernehmen und sich sozial sowie beruflich integrieren. Aber gleichzeitig werden sie daran gehindert, dass sie eigenständig an ihren Arbeitsplatz gelangen können. Das macht keinen Sinn, weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich.»

Neue Züge sind gesetzeswidrig

Das BehiG verlangt, dass der ÖV für Menschen mit Behinderungen hindernisfrei zugänglich ist. Dies ist bei den neuen Dosto-Zügen jedoch nicht der Fall, weshalb das Urteil des BVGer nun weitergezogen wird. Das Gericht hat in der Urteilsbegründung die Argumentation von Inclusion Handicap gänzlich aussen vorgelassen. Augenscheinlich wird dies im Fall der zu steilen Rampe im Ein- und Ausstiegsbereich: Das Gericht stützte sich auf europäische Normen (TSI-PRM). Diese erlauben eine Steigung von bis zu 15 Prozent und widersprechen nach Ansicht von Inclusion Handicap dem BehiG sowie dem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot. Damit wird vielen Reisenden im Rollstuhl der Zugang verwehrt, da sie den Zug nicht selbstständig verlassen können. Da das Urteil die autonome Nutzung des ÖV, wie sie vom Gesetz verlangt wird, in Frage stellt, bleibt Inclusion Handicap keine andere Wahl als der Gang vor das Bundesgericht. Das BehiG verlangt den hindernisfreien Zugang ab dem Jahr 2023, der Dosto wird bis ca. 2060 rollen.

Verbandsbeschwerderecht wird zur Farce

Der Entscheid, dass Inclusion Handicap das Urteil an das Bundesgericht weiterzieht, fiel in enger Absprache mit den Mitgliederorganisationen. Die Finanzierung dieses Verfahrens stellt für den politischen Dachverband der Behindertenorganisationen und seine Mitgliederorganisationen eine grosse Herausforderung dar, insbesondere auch wegen den horrenden Parteientschädigungen von insgesamt 250'000 Franken.

Mit solch hohen Beträgen wird das Verbandsbeschwerderecht zur Farce: Kaum eine NGO kann sich derartige Verfahren leisten, womit die Absicht des Gesetzgebers – die Interessenverbände sollen die Umsetzung des Gesetzes überwachen und im Einzelfall mit einer Beschwerde korrigierend eingreifen – faktisch torpediert wird. Inclusion Handicap wird deshalb auch die Parteientschädigung vor Bundesgericht anfechten.

Inclusion Handicap hofft, dass das Bundesgericht das Urteil der Vorinstanz korrigiert. Der politische Dachverband hatte vor Jahresfrist wegen 15 Verstössen gegen das BehiG Beschwerde eingereicht. Im November 2018 konnte er sich mit den SBB in vier Punkten einigen. Von den übrig gebliebenen elf Rechtsbegehren wies das BVGer zehn ab und hiess eines teilweise gut. Inclusion Handicap wird neun Beschwerdepunkte sowie die Parteientschädigung beim Bundesgericht anfechten.

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