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Das Parlament öffnet der Willkür Tür und TorMedienmitteilung vom 12.03.2018: Überwachung Versicherter im Nationalrat

Versicherungen dürfen den Rechtsstaat aushöhlen, Versicherte stehen unter Generalverdacht, und ihnen werden elementare Grundrechte verweigert – die «gesetzliche Grundlage zur Überwachung von Versicherten», die heute der Nationalrat beschlossen hat, ist eines Rechtstaates nicht würdig. Behördenwillkür ist vorprogrammiert und die Privatsphäre der Versicherten wird in unzulässiger Weise verletzt, wenn der Ständerat nicht noch korrigierend einschreiten wird. Versicherungsmissbrauch darf nicht mit Missbrauch bekämpft werden.

Personen, die Sozialversicherungsleistungen beziehen, haben häufig harte Schicksalsschläge zu verkraften. Finanziell kommen sie nur mühselig über die Runden; insbesondere IV-Bezügerinnen und -Bezüger finden nur knapp ein Auskommen. Zu allem Überfluss stehen sie unter dem Generalverdacht, die Leistungen unrechtmässig zu beziehen. Doch statt dem Generalverdacht entgegenzuwirken und seiner rechtsstaatlichen Verantwortung nachzukommen, will der Nationalrat Behördenwillkür erlauben, die eines Rechtsstaates nicht würdig ist.

  1. Eine Sachbearbeiterin oder ein Sachbearbeiter sollen Bild- und Tonüberwachungen anordnen dürfen. Sie verfolgen u.U. rein wirtschaftliche Interessen der Versicherung. Nur für den Einsatz von GPS-Trackern soll eine richterliche Genehmigung nötig sein.
  2. Laut dem Gesetzesvorschlag soll es möglich sein, rechtschaffene Bürgerinnen und Bürger bis zu 1 Jahr lang zu überwachen und sie in ihrer Privatsphäre zu verletzen. Die von beiden Räten beschlossene lange Dauer von Observationen ist unverhältnismässig.
  3. Observationen werden von Privatdetektiven, teilweise aus dem Dunstkreis privater Sicherheitsfirmen, getätigt. Deren Methoden und Vorgehensweisen werden nicht beaufsichtigt. Sowohl die Detektivin als auch die Versicherung haben kein Interesse an einer vorurteilslosen und objektiven Überwachung – sondern rein wirtschaftliche.

Inclusion Handicap befürwortet die Möglichkeit, mutmassliche Versicherungsbetrügerinnen und -betrüger zu überwachen. Dabei muss jedoch die Rechtsstaatlichkeit gewahrt werden. Observationen müssen von einem Richter angeordnet werden, und auf den Einsatz von GPS-Trackern ist zu verzichten. Es darf nicht sein, dass nur Personen vor dem Gesetz gleich sind, die ihren Lebensunterhalt selber bestreiten können.

Die Vorlage ist nötig geworden, weil der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) die Schweiz tadelte: Sie verfügt über keine gesetzliche Grundlage, um Observationen durchzuführen. Kommt nun der nationalrätliche Vorschlag durch, ist die Gefahr gross, dass er einer erneuten Prüfung durch den EGMR ebenfalls kaum standhalten dürfte.