Handicap und Politik 07/2021
Handicap und Politik 07/2021
Im Handicap und Politik 07/2021: Verordnung zum Invalidenversicherungsgesetz zementiert Ungerechtigkeiten, untaugliche Lohntabellen zur Berechnung von IV-Renten und die Sessionsvorschau.
Gleichstellung
Prüfverfahren zur Umsetzung der UNO-BRK
Am 9./10. März 2022 findet die erste Überprüfung der Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention in der Schweiz statt. Zu diesem historischen Ereignis kommt die Behindertenbewegung der Schweiz zusammen und fordert die Selbstbestimmung und Inklusion von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen.
IV
IV-Verordnung zementiert Ungerechtigkeiten: Nachbesserungen nötig
Inclusion Handicap unterstützte die IV-Weiterentwicklung, wie sie vom Parlament beschlossen wurde. Von der heute vom Bundesrat beschlossenen Verordnung ist der Dachverband der Behindertenorganisationen jedoch schwer enttäuscht. Die heutigen Beschlüsse des Bundesrats zur Invaliditätsbemessung und zur Vergabe der medizinischen Gutachten sind nicht nachvollziehbar und unfair gegenüber den Versicherten.
Invalideneinkommen gemäss Schweizerischer Lohnstrukturerhebung: Die neusten Entwicklungen
In der am 3.11.21 verabschiedeten Invalidenversicherungsverordnung (IVV) hat der Bundesrat trotz erheblicher Kritik aus Lehre und Praxis eine unfaire Invaliditätsbemessung zementiert. Zur Berechnung des Invaliditätsgrades wird damit in vielen Fällen weiterhin auf statistische Werte aus der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) abgestellt, sogenannte Tabellenlöhne. Die hierzu verwendeten Lohntabellen wiederspiegeln weitgehend das Lohnniveau von gesunden Personen und überschätzen somit die Einkommensmöglichkeiten von Personen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung systematisch.
Sessionsvorschau
Schwarze Listen (Bundesgesetz über die Krankenversicherung)
Der Nationalrat behandelt in dieser Session die schwarzen Listen in der Krankenversicherung. Der Ständerat hatte im Sommer äusserst knapp entschieden, es weiterhin zu ermöglichen, in den Kantonen schwarze Listen zu führen. Konkret: Wer der Prämienpflicht trotz Betreibungen nicht nachkommen kann, erhält von der Krankenversicherung nur noch die Kosten von Notfallbehandlungen vergütet. Für Inclusion Handicap ist dieses Vorgehen verantwortungslos: Dass gewisse Personen mit der Prämienzahlung im Verzug sind, liegt nicht an der Zahlungsunwilligkeit, sondern an der Zahlungsunfähigkeit.
Reform AHV 21
Das Geschäft befindet sich nach wie vor in der Differenzbereinigung. Einig sind sich die Räte darin, dass, wer sich mit einem Erwerb über das Referenzalter hinaus und entsprechenden Beiträgen die Rente aufbessern will, dies vom ersten Franken an tun können soll (Verzicht auf den Freibetrag). Das hatte Inclusion Handicap eingefordert. Nebst den für alle Versicherten wichtigen Diskussionspunkten wie Rentenalter, Finanzierung und Abfederungsmassnahmen wird auch über die Hilflosenentschädigung diskutiert.
BVG-Rerform
Nicht selten sind Menschen mit Behinderungen in einem Teilzeitpensum bei mehreren Arbeitgebern tätig. Wer dabei bei den einzelnen Arbeitseinkommen nicht über die BVG-Eintrittsschwelle kommt, ist in der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht versichert. Inclusion Handicap bemängelt dies schon seit längerem. Nun beantragt die Sozialkommission des Nationalrats, dass sich alle Personen mit einem Gesamtjahreslohn von über Fr. 12'548.— einer Pensionskasse anschliessen müssen und somit obligatorisch versichert sind. Dies ist ein bedeutender Fortschritt auch für viele Menschen mit einer Behinderung. Inclusion Handicap unterstützt deshalb diese Bemühungen im Rahmen der BVG-Reform.
Begleitung von Long-Covid-Fällen
Der Bundesrat soll mit der Motion beauftragt werden, dafür zu sorgen, dass ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um die sogenannten Long-Covid-Fälle systematisch zu erforschen und zu begleiten. Er wird weiter beauftragt, die entsprechenden Programme zu initiieren. Die Sozialkommission des Ständerats (SGK-S) unterstützt dieses Anliegen wie bereits vorgängig schon der Nationalrat. Bei der Umsetzung der Motion sollen gemäss SGK-S nicht nur die Forschung, sondern auch die Behandlungsangebote berücksichtigt werden. Neben den Langzeitfolgen von Covid-19 soll dabei auch das sich ähnlich äussernde chronische Erschöpfungssyndrom einbezogen werden. Damit wird auch ein Anliegen einer Petition und von Inclusion Handicap aufgenommen.
Veranstaltungen
Tagung «Mitsprache und Zugang»
Am 3. Dezember 2021 findet in Bern die jährliche Tagung des Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (EBGB), des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) statt. Die diesjährige Ausgabe widmet sich dem Thema «Mitsprache und Zugang». Inclusion Handicap wird mit dem Projekt «Reporter:innen ohne Barrieren» vertreten sein und darüber debattieren, welche Bedeutung es hat, dass Menschen mit Behinderungen in der Medienlandschaft nicht bis kaum vertreten sind.
Medienspiegel
Ausgewählte Medienbeiträge mit Inclusion Handicap.