Handicap und Recht
«Handicap und Recht» ist eine Sammlung juritischer Artikel in den Bereichen Gleichstellungs- und Sozialversicherungsrecht. Inhalt sind die Präsentation und Kommentierung von praxisrelevanten Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsweisungen, ausgewählte Gerichtsurteile sowie Beispiele aus der Beratungstätigkeit.
Handicap und Recht 05/2021: EL-Reform: Rückerstattung und Besitzstand
Rechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen sind nur im Todesfall einer EL-beziehenden Person und nur aus deren Nachlass zurückzuerstatten. Diese durch die EL-Reform neu eingeführte Rückerstattungspflicht betrifft aber nur Ergänzungsleistungen, die nach dem 01.01.2021 bezogen wurden. Keine EL-beziehende Person erhält per 01.01.2021 aufgrund der EL-Reform weniger oder gar keine Ergänzungsleistungen mehr. Diese Besitzstandregel gilt während einer Übergangsfrist von drei Jahren.
Handicap und Recht 03/2021: Ausnahmslose Maskentragpflicht verstösst gegen das Behindertengleichstellungsrecht
Handicap und Recht 02/2021: Keine Berücksichtigung der geleisteten AHV/IV-Beiträge zwischen erstmaliger Rentenzusprache und Rentenerhöhung
Handicap und Recht 01/2021: Ausgeglichener Arbeitsmarkt in der IV: Auch eine Arbeitsfähigkeit im Homeoffice ist verwertbar
Handicap und Recht 14/2020: Bushaltestellen im Problemkanton Freiburg – Erfolgreiche Beschwerde führt zu Praxisänderung
Nach mehr als vier Jahren hat der Rechtsstreit wegen der Bushaltestelle «Briegli» in der Gemeinde Düdingen FR zum Erfolg geführt. Das Kantonsgericht Freiburg hiess die Beschwerde von Inclusion Handicap gegen die Absenkung der Kantenhöhe auf 16 cm vollumfänglich gut und wies die Angelegenheit zwecks neuer Beurteilung an die Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion (RUBD) zurück. Das Urteil ist ein starkes Signal für die Behindertengleichstellung. Der Kanton Freiburg, bisher ein Problemkind, hat bei den Anpassungen der Bushaltestellen nun eine Praxisänderung angekündigt.
Handicap und Recht 13/2020: Finanzierung eines Gebärdensprachedolmetschers durch die IV für betrieblich notwendige und interne Schulungen
Kann eine versicherte Person ihren Arbeitsplatz nur behalten, wenn sie an betrieblich notwendigen internen Schulungen teilnimmt, sind die behinderungsbedingten Mehrkosten dieser Schulung – wie beispielsweise die Kosten für einen Gebärdensprachedolmetscher – als berufliche Weiterausbildung gemäss Art. 16 Abs. 2 lit. c IVG von der Invalidenversicherung zu finanzieren.
Handicap und Recht 12/2020: Gemischte Methode – Statuswechsel von einer Voll- zu einer Teilerwerbstätigkeit ist ein Revisionsgrund
Das Bundesgericht hat die wohl noch letzte offene Frage zur Anwendung der gemischten Methode auf Teilerwerbstätige geklärt: Die neue Berechnungsweise der gemischten Methode, die seit dem 1.1.2018 gilt, trägt den Anforderungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Di Trizio ausreichend Rechnung. Der Statuswechsel von einer Voll- zu einer Teilerwerbstätigkeit stellt gemäss Bundesgericht somit immer einen Revisionsgrund dar, selbst wenn einzig die Geburt eines Kindes Grund für den Statuswechsel ist.
Handicap und Recht 11/2020: Sozialversicherungen – was ändert sich 2021?
Ab dem 1. Januar 2021 treten diverse Gesetzesanpassungen und -neuerungen in Kraft. Die AHV/IV-Renten und weitere Sozialversicherungsbeträge werden an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst, ältere Arbeitslose können sich bei ihrer Pensionskasse weiterversichern, betreuende Angehörige werden bessergestellt und die im Sommer 2019 vom Parlament beschlossene Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts tritt in Kraft.
Hancicap und Recht 10/2020: Was ändert sich mit der EL-Reform?
Am 1. Januar 2021 treten die Änderungen in Kraft, die im Rahmen der Reform bei den Ergänzungsleistungen (EL) beschlossen wurden. Inclusion Handicap hat die wichtigsten Änderungen zusammengetragen. Hier vorgestellt werden Neuerungen beim Vermögen, bei der Anrechnung des Einkommens von Ehegatten, bei der Krankenkassenprämie, bei der Senkung der EL-Mindesthöhe, beim Lebensbedarf für Kinder, bei der Rückerstattung aus dem Nachlass sowie bei den Wohnkosten. Zudem wird aufgezeigt, für wen aufgrund der Besitzstandsregelung bis längstens Ende 2023 weiterhin das alte Recht massgebend ist. Die Änderungen werden anhand von diversen Beispielen veranschaulicht.
Handicap und Recht 09/2020: Keine Finanzierung der Hippotherapie bei zerebraler Lähmung durch die obligatorische Krankenversicherung
Die Invalidenversicherung finanziert infolge eines Geburtsgebrechens im Rahmen medizinischer Eingliederungsmassnahmen die Hippotherapie zur Behandlung von zerebralen Lähmungen bis zum Erreichen des 20. Altersjahres. Dies führt aber nicht dazu, dass die Hippotherapie danach durch die obligatorische Krankenversicherung weiterfinanziert wird. Die Hippotherapie stellt auch bei Vorliegen eines Geburtsge-brechens keine therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 52 Abs. 2 KVG bzw. Art. 35 KVV dar, urteilt das Bundesgericht.
Handicap und Recht 08/2020: Familiennachzug für die Ehefrau eines Versicherten, der behinderungsbedingt auf Sozialhilfe angewiesen ist
Das Erstinstanzliche Verwaltungsgericht [Tribunal administratif de première instance (TAPI)] des Kantons Genf hat die Beschwerden eines Mannes, der behinderungsbedingt nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten kann , sowie seiner im Ausland wohnhaften Ehefrau, die zu ihrem Mann in die Schweiz ziehen wollte, gutgeheissen. Das kantonale Amt für Bevölkerung und Migration [Office cantonal de la population et des migrations (OCPM)] hatte das Gesuch um Familiennachzug abgelehnt mit der Begründung, der Ehemann sei auf Sozialhilfe angewiesen. Das TAPI anerkannte jedoch, dass diese Abhängigkeit ausschliesslich auf dem Gesundheitszustand des Mannes beruht und deshalb unbeabsichtigt und unverschuldet ist.
Handicap und Recht 07/2020: Erstmalige Ausbildung, Umschulung und Weiterausbildung
Unter welchen Umständen finanziert die IV eine Ausbildung? Das Gesetz unter-scheidet zwischen einer erstmaligen Ausbildung, einer Umschulung und einer Wei-terausbildung. Dieser Artikel erläutert die Unterschiede. Ein Bundesgerichtsurteil vom Dezember 2019 brachte zusätzliche Klärung.
Handicap und Recht 06/2020: (*)-Hilfsmittel der IV im AHV-Alter – Besitzstandsgarantie auch für Personen mit Aufgabenbereich
Bereits im Jahre 2017 hatte das Bundesgericht entschieden: Wer im IV-Alter für die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit ein mit einem (*) gekennzeichnetes Hilfsmittel erhalten hat und nach Erreichen des AHV-Alters weiter in erheblichem Ausmass erwerbstätig ist, hat gestützt auf die Besitzstandsgarantie weiterhin Anspruch auf das von der IV zugesprochene (*)-Hilfsmittel. Doch gilt die Besitzstandsgarantie auch für Personen mit Aufgabenbereich? Nachdem das Bundesgericht im Herbst 2019 gleich dreimal mit dieser Frage konfrontiert war, hat es die Besitzstandsgarantie bejaht.
Handicap und Recht 05/2020: Bilingualer Schulunterricht – Kanton Bern bestätigt Unterstützung in Gebärdensprache
Gehörlose Kinder müssen in der Regelschule mit Gebärdensprache unterstützt wer-den, damit sie gleichberechtigten Zugang zur Bildung erhalten. Der Kanton Bern an-erkennt dies und hiess eine Beschwerde gut, die verlangte, dass Unterstützung in Gebärdensprache zu den sonderpädagogischen Massnahmen gehört.
Handicap und Recht 04/2020: Deutsches Bundesverfassungsgericht mit wegweisendem Urteil – Autonomie muss garantiert sein
Das deutsche Bundesverfassungsgericht gewichtet die Autonomie von Menschen mit Behinderungen ungleich stärker als das Schweizer Bundesgericht. Sein Urteil ist bemerkenswert: Im Urteil geht es um das Recht einer sehbehinderten Frau, mit ihrem Blindenführhund die Räume einer Orthopädiepraxis als Durchgang zu benutzen, um Zugang zu ihrer Physiotherapie zu haben. Das Gericht hat ihre Beschwerde gegen das diesbezügliche Verbot mit dem Verweis auf ihre Autonomie gutgeheissen
Handicap und Recht 03/2020: Bundesgericht gewichtet finanzielle Interessen der Kantone stärker als Niederlassungsfreiheit von Menschen in Heimen
Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Mannes mit einer geistigen und psy-chischen Behinderung mit Wohnsitz in einem Heim im Kanton Jura ab. Der Betroffe-ne wollte nach Genf umziehen, wo seine Schwester wohnt, die auch seine Beistän-din ist. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab: Die Beschränkung der Nieder-lassungsfreiheit sei verhältnismässig, da eine ausserkantonale Platzierung wesent-lich teurer zu stehen käme. Dabei trug es den Interessen des Beschwerdeführers, näher bei seiner Schwester zu leben, nicht genügend Rechnung. In der Schweiz ist die Niederlassungsfreiheit von in Heimen lebenden Menschen mit Behinderungen somit nicht wirklich gewährleistet.
Handicap und Recht 02/2020: Urteil des Bundesgerichts zur Bedeutung von Berichten der beruflichen Abklärung
Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil vom 15. Februar 2019, 9C_534/2018, zur Bedeutung von Berichten der beruflichen Abklärungsstellen im Verhältnis zu einem medizinischen Gutachten geäussert. Im konkreten Fall geht es um den IV-Rentenanspruch eines jungen Mannes, den Inclusion Handicap im Beschwerdeverfahren vertreten hat. Das Bundesgericht hat das medizinische Gutachten als nicht beweistauglich erachtet. Es kam zum Schluss, dass sich die Gutachterin nicht genügend mit den Berichten der beruflichen Abklärungsstellen auseinandergesetzt hat.
Handicap und Recht 01/2020: Valideneinkommen bei Personen, die invaliditätsbedingt keine beruflichen Kenntnisse erwerben können
Personen, die wegen einer seit Geburt oder Kindheit bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben können, gelten als Geburts- und Frühinvalide. Ihr für die Prüfung des IV-Rentenanspruchs massgebendes Valideneinkommen richtet sich nach Art. 26 Abs. 1 Invalidenversicherungsverordnung (IVV) und beträgt altersabgestuft jährlich zwischen 58'450 Franken (18-20 Jahre) und 83'500 Franken (über 30 Jahre). In seinem Urteil vom 11. April 2019, 9C_233/2018, hat das Bundesgericht festgehalten, in welchen Konstellationen Art. 26 Abs. 1 IVV zur Anwendung gelangt.
Handicap und Recht 14/2019: Bushaltestelle im Kanton Freiburg – Inclusion Handicap kämpft weiter
Eine neue Bushaltestelle in Düdingen sorgt für rote Köpfe: Die Höhe der Perronkan-te wurde während der Projektausführung gesenkt, so dass sie nicht dem Behinder-tengleichstellungsgesetz (BehiG) entspricht. Inclusion Handicap reichte Beschwerde ein, nach Jahren des Wartens hiess sie die entsprechende Kantonsbehörde nur teilweise gut. Die Beschwerde wird weitergezogen: Der autonome Zu- und Ausstieg ist für Menschen mit Behinderungen nicht gewährleistet. Der Fall zeigt: Der Kanton Freiburg ist bei den Anpassungen der Bushaltestellen ein Problemkind.
Handicap und Recht 13/2019: Rechtsprechung zum leidensbedingten Abzug vom Tabellenlohn seit 2014
Wann wird ein leidensbedingter Abzug vom Tabellenlohn vorgenommen? Das Bundesgericht hat in den letzten Jahren zahlreiche Urteile dazu gefällt. Sie werden nachfolgend zusammengefasst und bilden eine Aktualisierung des Überblicks aus «Behinderung und Recht 02/14». Einzelnes persönliches oder berufliches Merkmal ist meist nicht entscheidend für die Gewährung eines Abzugs. Vielmehr wird ein Abzug in Fällen vorgenommen, in denen ein Zusammenspiel aus verschiedenen Merkmalen dazu führt, dass eine gesundheitlich beeinträchtigte Person ihre Restarbeitsfähigkeit selbst auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit einer Lohneinbusse verwerten kann – verglichen mit gesunden Arbeitnehmenden.
Handicap und Recht 12/2019 – Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung: Anpassung des versicherten Verdienstes
Meldet sich eine Person sowohl bei der Invalidenversicherung als auch bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug an, besteht bei genügender Vermittlungsfähigkeit eine Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung. Bereits im Sommer 2016 hatte das Bundesgericht festgehalten, wann die Arbeitslosenversicherung den versicherten Verdienst im Grundsatz und im Ausnahmefall anpassen und ihre Leistungen kürzen darf. In einem neuen Urteil hat das Bundesgericht das Vorliegen eines weiteren Ausnahmefalles abgelehnt
Handicap und Recht 11/2019 – Urteil Glaisen vs. Schweiz: Kein Urteil des Europ. Menschenrechtsgerichtshofes über Diskriminierung
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist nicht auf den Fall eines Rollstuhlfahrers eingetreten, dem in Genf der Zutritt ins Kino verweigert wurde. Das Gericht hält an seiner bisherigen Praxis fest und urteilte gar nicht, ob eine Diskrimi-nierung vorliegt oder nicht. Damit bleibt die zu enge Definition des Bundesgerichts zur Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bestehen. Letztere bleiben in der Schweiz vor Diskriminierungen bei Dienstleistungen Privater nach wie vor weit-gehend schutzlos.
Handicap und Recht 10/2019 - Invaliditätsbemessung bei der gemischten Methode: Keine Rückwirkung
Seit dem 1. Januar 2018 gilt bei der Invaliditätsbemessung die «neue» gemischte Me-thode. In seinem Urteil vom 3. Dezember 2018 hat das Bundesgericht nun festgehal-ten, dass sich die neue Bemessungsmethode erst für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 auf die Rentenberechnung auswirkt. Dies selbst dann, wenn ein Sachverhalt zu be-urteilen ist, der sich bereits im Jahre 2017 verwirklicht hat.
Handicap und Recht 09/2019 – Praxisänderung des Bundesgerichts: IV-Rentenanspruch auch bei Suchterkrankung
Am 11. Juli 2019 hat das Bundesgericht seine bisherige Rechtsprechung zum Anspruch auf IV-Leistungen bei Suchterkrankungen geändert: Wie bei anderen psychischen Erkrankungen ist künftig auch bei Personen mit einer Suchterkrankung anhand des «strukturierten Beweisverfahrens» abzuklären, ob sich ihre Abhängigkeit auf ihre Arbeitsfähigkeit auswirkt.
Handicap und Recht 08/2019: Ergänzungsleistungen – Erhöhung der Mietzinsmaxima und stärkere Berücksichtigung des Vermögens ab 2021
Handicap und Recht 07/2019: Observationen durch die Sozialversicherungen ab 1. September 2019 wieder möglich
Handicap und Recht 06/2019: Assistenzbeitrag und Kürzung der KVG-Leistungen - Auf die Details kommt es an
Handicap und Recht 05/2019: Spitex oder Pflegeheim? Zur Frage der Wirtschaftlichkeit der Spitex-Pflege im Vergleich zum Pflegeheim
Handicap und Recht 04/2019 – Unstabiler Gesundheitszustand: BG ergänzt und klärt die Rechtsprechung
Ist bei einer (teil)invaliden versicherten Person die Invalidität zeitlichen Schwankungen unterworfen, ohne aber während einer bestimmten Zeitspanne gänzlich zu verschwinden, besteht kein wesentlicher Unterbruch der Invalidität, der einen neuen Versicherungsfall zu begründen vermag. So das Bundesgericht im Urteil 9C_692/2018 vom 19. Dezember 2018.
Handicap und Recht 01/2019: Der Bezug einer Hilflosenentschädigung schliesst die Gewährung eines Stipendiums nicht aus
Ein Stipendium darf einer Person nicht einzig aus dem Grund verweigert werden, dass diese eine Hilflosenentschädigung bezieht. Dies geht aus einem Urteil des Genfer Kan-tonsgerichts hervor. Das kantonale Gesetz sieht zwar vor, dass IV-BezügerInnen keinen Anspruch auf Stipendien haben. Doch dieser Grundsatz gilt nicht für den Bezug einer Hilflosenentschädigung, deren separates Ziel darin besteht, behinderungsspezifische Ausgaben zu decken.
Handicap und Recht 03/2019: Wirkt sich die gemischte Methode der IV auf die Ermittlung des Invaliditätsgrades durch die Pensionskasse aus?
In der IV wird der Invaliditätsgrad bei Teilerwerbstätigen mit einem Aufgabenbereich, wie z.B. Haushaltführung und Kinderbetreuung, nach der gemischten Methode berechnet. Seit dem 1.1.2018 gelten dabei neue Grundsätze. Gelten diese nun auch für die Berechnung des Invaliditätsgrades in der beruflichen Vorsorge? Nein, hat das Bundesgericht in gleich drei Urteilen entschieden.
Handicap und Recht 02/2019: Die korrekte Bestimmung des Valideneinkommens - Nicht immer eine klare Sache
Bei der Berechnung des Invaliditätsgrades kommt der Bestimmung der massgeblichen Einkommen (Validen- und Invalideneinkommen) eine zentrale Bedeutung zu. Die Rechtsprechung hat diverse Regeln herauskristallisiert, um diese zwei Geldwerte zu berechnen. Nun hat das Bundesgericht präzisiert, wie das Valideneinkommen bestimmt werden muss, wenn eine Person eine Umschulung erfolgreich abschliessen und den «neuen» Beruf bis zum Eintritt einer weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigung ausüben konnte.
Handicap und Recht 15/2018: BG bestätigt – Abbruch der Sonderschulbildung einer jungen Frau mit Behinderung unter 20 Jahren ist diskriminierend
Im Rahmen des Rechts auf Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderun-gen garantiert die Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik (Sonderpädagogik-Konkordat) den Anspruch auf sonderpä-dagogische Massnahmen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr. Wird die Schulung einer Person mit Behinderungen mit der Begründung vorzeitig abgebrochen, dass ihre Entwicklung ungenügend sei oder sie habe keine Aussichten auf spätere Be-schäftigungsmöglichkeiten, gilt dies als diskriminierend.
Handicap und Recht 13/2018: Ungedeckte Pflegekosten – Die öffentliche Hand muss die Restkosten übernehmen
Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) regelt die Pflegefinanzierung: Pflegekosten werden von der obligatorischen Krankenversicherung, der versicherten Person sowie der öffentlichen Hand (Kanton oder Gemeinde) getragen (Art 25a). Bisher war aber unklar, wer ungedeckte Restkosten übernehmen muss, wenn die effektiven Pflegekosten allfällige vom Kanton festgelegte Höchstbeträge übersteigen. Das Bundesgericht hat nun entschieden, dass in solchen Fällen die öffentliche Hand leistungspflichtig ist.
Handicap und Recht 14/2018: «Di-Trizio-ähnliche Konstellation» – Keine Änderung der Bemessungsmethode
Im Februar 2016 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die in der Schweiz geltende Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode als diskriminierend eingestuft. Per 1.1.2018 hat der Bundesrat sodann die Bemessungsmethode angepasst. Das Bundesgericht hat nun entschieden, dass in «Di-Trizio-ähnlichen Konstellationen» weder mittels Revision noch mittels Wiedererwägung eine Änderung der Bemessungsmethode erfolgen darf. Offen bleibt, ob wie Betroffene anlässlich der nächsten Rentenrevision dann doch mit einer Neuberechnung rechnen müssen oder nicht.
Handicap und Recht 12/2018: Benachteiligung im Adoptionsverfahren
Frau Nufer will die Eignungsbescheinigung zur Adoption erneuern. In der Zwischen-zeit erhielt sie die Diagnose MS, weshalb ihr die zuständige Behörde den Adoptions-vorschlag entzog. Sie reichte erfolgreich Beschwerde ein.
Handicap und Recht 11/2018: Nachteilsausgleich für eine gehörlose Person bei der Wirteprüfung
Bei einer Prüfung benötigt eine gehörlose Person die Unterstützung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers in Gebärdensprache sowie zusätzliche Prüfungszeit. Gebärdensprache ist nicht mit einer Fremdsprache gleichzusetzen und bedarf eines besonderen Schutzes. Gehörlosigkeit stellt kein Hindernis für die Ausbildung als Gastwirt dar – im Gegensatz zu einer Sehbehinderung bei der Ausbildung zum Piloten.
Handicap und Recht 10/2018: Berufliche Vorsorge – kein rückwirkender Gesundheitsvorbehalt
Was ist ein Gesundheitsvorbehalt und wann kann ein solcher angebracht werden? Das Bundesgericht hat in einem neuen Entscheid bestätigt, dass eine Pensionskasse keinen rückwirkenden Gesundheitsvorbehalt anbringen kann. Auch dann nicht, wenn die versicherte Person bei Eintritt in die Pensionskasse unrichtige Angaben zu ihrem Gesundheitszustand gemacht hat.
Handicap und Recht 09/2018: Corela – Bundesgericht heisst Revisionsgesuch gut – IV muss neue Abklärungen vornehmen
Das Bundesgericht hat das Revisionsgesuch einer Frau gutgeheissen, nachdem ihr gestützt auf ein Gutachten der Klinik Corela rechtskräftig eine IV-Leistung verweigert wurde. Die IV muss nun ein neues Gutachten einholen und neu entscheiden. Der Grund: Die Klinik Corela hatte in verschiedenen Fällen zu Ungunsten der Betroffenen Gutachten angepasst. Der Klinik wurde deshalb ab März 2018 für drei Monate die Betriebsbewilligung entzogen.
Handicap und Recht 8/2018: IV-Neuanmeldung: Welche Voraussetzungen muss ein «neues» Gutachten erfüllen?
Nicht nur bei den regelmässig stattfindenden Rentenrevisionen, sondern auch im Rahmen einer IV-Neuanmeldung stellt sich die Frage nach einer Veränderung des Gesundheitszustandes. Ärzte und Ärztinnen sowie Gutachter und Gutachterinnen müssen in solchen Fällen spezifisch darlegen, wie sich der medizinische Sachverhalt verändert hat. Tun sie das nicht, fehlt es ihrer Einschätzung am erforderlichen Beweiswert.