Nein zur «Selbstbestimmungs­initiative»Positionspapier
Inclusion Handicap sagt entschieden Nein zur «Selbstbestimmungsinitiative». Diese gefährdet wichtige völkerrechtliche Errungenschaften, die Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierungen schützen. Die Europäische Menschenrechtskonvention müsste gekündigt werden.
Ausgangslage
Die Initiative
Die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» ist von der SVP lanciert worden. Sie verlangt, dass die Bestimmungen der Bundesverfassung gegenüber dem Völkerrecht Vorrang hat. Völkerrechtliche Bestimmungen, die der Verfassung widersprechen und die nicht dem Referendum unterstanden waren, seien nicht mehr anzuwenden. Bund und Kantone sollen verpflichtet werden, die völkerrechtlichen Verträge anzupassen oder zu kündigen, falls sie der Verfassung widersprechen.
Die Initiative verlangt starre Regeln im Umgang bei Konflikten zwischen dem Verfassungs- und dem Völkerrecht. Anders als bisher könnten Bundesrat und Parlament nicht mehr pragmatisch nach breit abgestützten Lösungen suchen, die sowohl den Vorgaben der Verfassung als auch den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz Rechnung tragen. Stattdessen engt die Selbstbestimmungsinitiative den Handlungsspielraum der Bundesbehörden auf die Optionen Neuverhandlung und Kündigung ein.
Stattdessen engt die Selbstbestimmungsinitiative den Handlungsspielraum der Bundesbehörden auf die Optionen Neuverhandlung und Kündigung ein.
Die Initiative gefährdet grosse Errungenschaften des Völkerrechts.
Was bisher geschah und Fahrplan
Sowohl Bundesrat, der Ständerat und die Staatspolitische Kommission des Nationalrates lehnen die Initiative ab. Die Anträge für einen Gegenentwurf fanden ebenfalls keine Mehrheit. Der Nationalrat wird die Initiative in der Sommersession 2018 behandeln. Möglicherweise wird die Volksabstimmung bereits im November 2018 stattfinden.
NGO-Zusammenschluss Schutzfaktor M
Inclusion Handicap ist Partnerorganisation von «Schutzfaktor M», einem Zusammenschluss von über 100 NGO, welche im Bereich Menschenrechte tätig sind. Seit diesem Jahr ist Inclusion Handicap auch im Vorstand vertreten.
Die Folgen der Initiative
Internationale Abkommen, die nicht dem Referendum unterstanden waren, müssten bei Annahme der Initiative gekündigt werden. Davon betroffen wäre namentlich die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die Menschen mit Behinderungen völkerrechtlichen Schutz bieten.
Europ. Menschenrechtskonvention (EMRK) und Gerichtshof (EGMR)
Eine Annahme der Initiative würde dazu führen, dass die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) kündigen müsste. Die EMRK bietet Schutz vor Missachtung der Grundrechte, namentlich auch für Menschen mit Behinderungen. Dies u.a. durch das:
- Diskriminierungsverbot (Art. 14): Die EMRK schützt Menschen mit Behinderungen vor Benachteiligungen.
- Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben (Art. 8): Dazu gehört die freie Wahl der Wohnform bzw. des –ortes.
Hier finden Sie Beispiele zur Bedeutung der EMRK und des EGMR.
UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK)
Vorgaben aus der UNO-BRK würde die Initiative gemäss Wortlaut nicht tangiert werden, da ihre Ratifikation dem Referendum unterstand. Die Initiative lässt bei der Umsetzungsgesetzgebung jedoch viel Spielraum, so dass sie auch in Bezug auf die UNO-BRK ein Wagnis darstellt. Der Bundesrat schrieb in seiner Botschaft, die Rangordnung des Schweizer Rechts und der völkerrechtlichen Verträge seien schwer durchschaubar.
Fazit
Die Initiative gefährdet grosse Errungenschaften des Völkerrechts. Eine Annahme würde den Schutz vor Grund- und Persönlichkeitsrechten gefährden – auch diejenigen von Menschen mit Behinderungen.
Inclusion Handicap lehnt deshalb die gefährliche «Anti-Menschenrechtsinitiative» entschieden ab.