Nein zu Willkür, Nein zum VersicherungsbetrugMedienmitteilung vom 01.11.2018: Nein zur Überwachung Versicherter (Abstimmung vom 25.11.)
Inclusion Handicap sagt nein zur willkürlichen Überwachung von Versicherten, über die am 25. November abgestimmt wird. Grund- und Persönlichkeitsrechte sowie die Verhältnismässigkeit werden verletzt. «Wir sprechen uns dezidiert gegen Versicherungsbetrug aus», hält Petra Kern, Abteilungsleiterin Sozialversicherungen von Inclusion Handicap, fest. «Aber diese Regelung ist eines Rechtsstaates unwürdig.»
Die Vorlage wird im «Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)» geregelt. Will heissen: Es wird eine Grundlage geschaffen, dass alle Sozialversicherungen observieren dürfen: Die Kranken- und Unfallversicherer, die AHV, die Ergänzungsleistungen, die IV und mehr. «Potenziell ist somit die gesamte Bevölkerung betroffen», sagt Kern.
Elementare Grundrechte werden bei der zur Abstimmung stehenden Vorlage mit Füssen getreten, u.a. aus folgenden Gründen:
- Der Willkür durch die Versicherungen werden Tür und Tor geöffnet: Die Versicherungen können selber eine Flut von Observationen anordnen, kein Gericht oder eine andere neutrale Stelle muss ein Verdachtsmoment feststellen (ausser es werden dabei technische Hilfsmittel wie z.B. GPS-Tracker verwendet).
- Die Persönlichkeitsrechte der Versicherten werden mit Füssen getreten. Es soll erlaubt sein, Verdächtige in ihren privaten Räumen zu observieren, sofern diese von einem öffentlichen Ort aus einsehbar sind. Dies ist völlig unverhältnismässig.
- Versicherungen und deren Spione sind Partei. Sie haben in erster Linie wirtschaftliche Interessen. Sie haben keinen Anreiz an einer objektiven Aufklärung, dafür umso mehr, Observierungsmaterial manipulativ oder irreführend zusammenzustellen. Auch dies fördert willkürliche Aktionen der Versicherungen. Eine sachliche Aufklärung des Sachverhaltes ist damit arg gefährdet.
Eine Abstimmung über den Rechtsstaat, nicht über Missbrauch
In der Vergangenheit waren insbesondere die IV und die Unfallversicherungen bezüglich Überwachung aktiv, Menschen mit Behinderungen somit speziell häufig betroffen. «Die Debatte zur aktuellen Vorlage zeigt, dass sie auch mit dieser Vorlage unter einen Generalverdacht gestellt und stigmatisiert werden», sagt Kern. «Wir stimmen nicht darüber ab, ob wir Missbrauch befürworten oder nicht, wie dies die bisweilen polemische Debatte suggerieren will. Sondern darüber, ob Überwachungen rechtsstaatliche Grundsätze verletzen dürfen oder nicht.» Sind die Grundrechte garantiert, anerkennt Inclusion Handicap in Einzelfällen die Wirkung von Observationen von mutmasslichen Betrügerinnen und Betrüger.
Der administrative Aufwand der Versicherungen, vorgängig einen richterlichen Beschluss einzuholen – und somit den Rechtsstaat zu bewahren, wäre ohne weiteres vertretbar. Im Bereich IV wurden pro Jahr schweizweit rund 270 Observationen angeordnet.
«Die öffentliche Debatte widerspiegelt nicht die Fakten. Auch das BSV bestätigt, dass die Anzahl Betrugsfälle marginal ist», sagt Kern. In den letzten beiden Jahren wurden wegen IV-Betrugsfällen jeweils 20 Strafanzeigen eingereicht.
Inclusion Handicap sagt nein zur willkürlichen Überwachung von Versicherten.