Handicap und Politik 07/2023
Handicap und Politik 07/2023
In Handicap und Politik 07/2023: Der Ausblick auf zwei spannende Geschäfte in der Wintersession, eine Meldung zum Ausbau von IV-Hilfsmitteln, der Hinweis auf eine Fachtagung zum Thema Alter und Behinderungen sowie ein Ausblick auf den zweiten Sammeltag der Inklusions-Initiative rund um den internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen.
Vorschau auf die Wintersession: Ständerat
Nationaler Tag der betreuenden Angehörigen gefordert
18.12.2023; Mo. Maillard 21.3630: Betreuende Angehörige leisten unschätzbare Unterstützungsarbeit für ihr Umfeld und entlasten die öffentlichen Dienste zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen. Um dieses Engagement zu würdigen, fordert eine Motion von Pierre-Yves Maillard (SP) einen «nationalen Tag der betreuenden Angehörigen». Der Einsatz von Angehörigen trägt entscheidend zum selbstbestimmten Wohnen der betreuten Personen bei – ein wichtiges Anliegen von Inclusion Handicap sowie der Inklusions-Initiative. In den Westschweizer Kantonen sowie bald auch im Tessin, in Graubünden und Bern wird der Tag bereits gefeiert (siehe auch: betreuende-angehoerige-tag.ch). Zeit also, dies auch auf nationaler Ebene zu tun.
Wie wird bei Digitalisierung des Gesundheitswesens Inklusion unterstützt?
18.12.2023; Po. SGK-S 23.4319: Mit welchen Massnahmen können die digitalen Systeme im Gesundheitswesen insbesondere auch Personen mit geringen digitalen Kompetenzen erreichen? Die ständerätliche Gesundheitskommission fordert mit einem Postulat, aufzuzeigen, wie dahingehende Massnahmen in die Strategie «DigiSanté» oder die geplante Revision des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier integriert werden können. Für Inclusion Handicap ist es ein wichtiges Anliegen, dass im geforderten Bericht des Bundesrats auch die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen einbezogen werden.
Sozialversicherungen
Mehr Flexibilität bei Abrechnung von Dienstleistungen Dritter
Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) setzt auf den 1. Januar 2024 die Motion «Auszahlungsmodell für Dienstleistungen von Dritten im Bereich der Invalidenversicherung» (siehe auch: Motion 21.3452) um, zu deren Erfolg im Parlament auch Maya Graf, Co-Präsidentin von Inclusion Handicap und Ständerätin Grüne/BL massgeblich beigetragen hatte. Durch die Verordnungsänderung können Dienstleistungen wie etwa Gebärdensprachverdolmetschung, Transporte oder administrative Unterstützung für Menschen mit Behinderungen neu jährlich anstatt wie bisher monatlich abgerechnet werden. Die Limiten in Höhe des Erwerbseinkommens bzw. des anderthalbfachen monatlichen Mindestbetrages der AHV-Vollrente bleiben aber bestehen. Ziel ist, dass die Gelder dank der Massnahme unterjährig besser verteilt und in Phasen mit erhöhtem Bedarf flexibler eingesetzt werden können.
Kostenbeitrag der IV auf weitere Assistenzhundearten ausgeweitet
Die IV leistet in Zukunft neben einem Kostenbeitrag für Mobilitätsassistenzhunde neu auch einen Beitrag an Epilepsiewarnhunde für Kinder und Erwachsene sowie Autismusbegleithunde für Kinder bis neun Jahre, sofern die individuellen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Zudem gilt der Anspruch auf Mobilitätsassistenzhunde neu bereits für Personen ab 16 Jahren (zurzeit ab 18 Jahren). Damit wird die Motion «Assistenzhunde auch für kranke Kinder und Jugendliche» umgesetzt (siehe auch: Motion 19.4404).
Bericht zu den Qualitätsmängeln bei der Gutachterstelle PMEDA
Gestützt auf die Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) am 4.10.23 entschieden, die Vergabe von Gutachten an die PMEDA AG zu beenden. Der Grund: Die PMEDA AG hat die Qualitätsvorgaben des BSV, allgemein anerkannte medizinische Standards sowie geltende Begutachtungsleitlinien nicht eingehalten. Anfang November hat die EKQMB nun ihren detaillierten Überprüfungsbericht veröffentlicht und stellt zahlreiche «gravierende formale und inhaltliche Mängel» fest.
Betreutes Wohnen muss auch bei Bezug von EL zur IV vorgesehen werden
Inclusion Handicap hat im Oktober eine Vernehmlassungsantwort zur Änderung des Ergänzungsleistungsgesetzes (ELG) eingereicht. Der Bundesrat will mit einer Vorlage die Autonomie älterer Menschen und deren Wohnen im eigenen Zuhause fördern. Für Inclusion Handicap ist klar: Die Anerkennung des betreuten Wohnens durch die EL muss auch für Personen mit IV-Leistungen gelten. Zudem braucht es zwingend Anpassungen bei den bundesrätlichen Vorschlägen für Personen mit EL in Wohngemeinschaften (WG).
Bundesrat setzt Motion nicht korrekt um
Beinahe einstimmig forderte das Parlament 2022 mit der Motion 22.3377 eine faire Berechnung des IV-Grads. Der Motionstext verlangte, dass sich der Bundesrat bei der Überarbeitung der sogenannten Tabellenlöhne zur Bestimmung des IV-Grads auf anerkannte statistische Methodik und den Forschungsstand abstützt. Aus Sicht der Wissenschaft müsste ein Abzug von 17% erfolgen. Im Oktober hat der Bundesrat aber einen Pauschalabzug von nur 10% beschlossen. Damit erfolgt zwar ein Schritt in die richtige Richtung – doch die Motion wird nicht korrekt umgesetzt. Es wurde verpasst, den IV-Grad anhand realistischer und damit korrekter Einkommensmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zu berechnen.
Gleichstellung
Fachtagung zum Thema Alter und Behinderungen
Was ist, wenn Menschen mit Behinderungen älter werden oder wenn Seniorinnen und Senioren mit zunehmenden Einschränkungen im Alltag konfrontiert sind? Diesen und anderen Fragen nehmen sich das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB, das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV und das Generalsekretariat der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK an ihrer Tagung zum Thema Alter und Behinderung an. Die Veranstaltung, die anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen (3. Dezember 2023) durchgeführt wird, ist öffentlich und kostenlos. Melden Sie sich am besten direkt über die elektronische Anmeldeplattform auf der Website des EBGB an.
Politische Vorhaben
Zweiter Sammeltag der Inklusions-Initiative rund um internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen
Der erste nationale Sammeltag der Inklusions-Initiative war ein Erfolg – unzählige engagierte Menschen haben in der ganzen Schweiz Unterschriften gesammelt. Dank dem gemeinsamen Einsatz stehen wir mittlerweile bei rund 72‘000 Unterschriften.Deshalb geht es gleich zu Beginn der Adventszeit in die zweite Runde.
In Zürich findet am Samstag, 2. Dezember von 14.00 bis 16.00 Uhr eine grosse Aktion zum internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen statt. Die Inklusions-Initiative wird an diesem Anlass mit einem Speech sowie einem Sammeltreffpunkt vertreten sein. Gleichzeitig sind wir in kleinen Gruppen in der ganzen Schweiz unterwegs, z.B. in Bern (Bärenplatz, ab 10:00 Uhr) oder Basel (Matthäusplatz, ab 10:00 Uhr). Sind auch Sie dabei?