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Sehbehinderung kein Hindernis für Lehrer:innenberufInklusion in der Hochschulbildung

Bern, 07.03.2025: Die Pädagogische Hochschule Zürich verweigerte einer Frau mit starker Sehbehinderung die Zulassung zum Studium zur Primarlehrerin. Dagegen legte die Frau mit Unterstützung von we claim Rekurs ein. Nun hält die Rekurskommission der Zürcher Hochschulen klar fest: Eine starke Sehbehinderung führt nicht dazu, dass die gesundheitliche Eignung für den Lehrer:innenberuf nicht gegeben ist. Die Nichtzulassung durch die PH Zürich erfolgte deshalb zu Unrecht.

Vivien Stadler meldete sich im Sommer 2023 an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PH Zürich) zum Studium auf Primarschulstufe an. Das Rektorat der PH Zürich verweigerte ihr die Zulassung. Dies mit der Begründung, dass Vivien Stadler wegen ihrer starken Sehbehinderung aus gesundheitlichen Gründen nicht geeignet sei, als Lehrerin zu arbeiten. Sie bringe nicht die nötigen Voraussetzungen mit, sämtliche Lehrinhalte zu unterrichten und könne auch die Aufsichtspflicht über eine Klasse nicht wahrnehmen. Zum Zeitpunkt der Ablehnung unterrichtete Vivien Stadler jedoch bereits an einer Schule für Kinder mit Seh- und anderen Behinderungen. Mit Unterstützung von we claim, dem Projekt der strategischen Prozessführung von Inclusion Handicap, zog sie deshalb vor die Rekurskommission der Zürcher Hochschulen (mehr zum Projekt auf we-claim.ch (externer Link)).

Sehbehinderung ist kein Ausschlusskriterium

Die Rekurskommission der Zürcher Hochschulen hat den Rekurs von Vivien Stadler nun vollumfänglich gutgeheissen. Sie kommt zum Schluss, dass Vivien Stadlers starke Sehbehinderung nicht gegen eine grundsätzliche gesundheitliche Eignung für den Beruf als Lehrperson spricht. Zudem diene gerade das Studium dazu, die Eignung für den Beruf abzuklären. Eine Verweigerung der Zulassung, wie es das kantonale Gesetz vorsieht, sei deshalb nur bei klaren Fällen zulässig. Vivien Stadler verwies in ihrem Rekurs auf andere Lehrpersonen mit starken Sehbehinderungen oder Blindheit, die den Beruf ungehindert ausüben. So beispielsweise eine Lehrperson mit einer ähnlichen Sehbehinderung wie sie selbst, die ihr Studium an der PH Bern absolvierte und heute selbstständig zu einem Pensum von 50 Prozent eine Primarschulklasse unterrichtet. Der Beschluss der Rekurskommission wird Mitte März rechtskräftig.

Vorurteile erschweren den Zugang zu Bildung und Arbeit

Die Schweiz hat sich mit der Ratifizierung der UNO-Behindertenrechtskonvention (BRK) verpflichtet, ein Hochschulbildungssystem zu schaffen, das Menschen mit und ohne Behinderungen gleichermassen offensteht. Das Beispiel von Vivien Stadler zeigt, dass die Praxis oft immer noch anders aussieht. Menschen mit Behinderungen sehen sich in vielen Fällen mit Vorurteilen in Bezug auf ihre Fähigkeiten und die Möglichkeiten, die ihnen technische Hilfsmittel eröffnen, konfrontiert. Vertrauensärzt:innen ohne behinderungsspezifische Fach- und Sachkenntnisse urteilen über die berufliche Eignung, während die eigene Einschätzung der betroffenen Personen wenig Gehör findet. Das hat schwerwiegende Folgen, denn der Zugang zu Bildung ist der Grundstein für die Inklusion in der Arbeitswelt. 

Auskunft

Nuria Frei, Rechtsanwältin, Abteilung Gleichstellung Inclusion Handicap
031 370 08 47 / 

Jonas Gerber, Kommunikationsverantwortlicher Inclusion Handicap
031 370 08 42 /