Mehr Wahlmöglichkeiten beim Wohnen für Menschen mit Behinderungen gefordertKommissionsmotion zur Revision des IFEG
Bern, 19.01.2024 - Frei wählen wo und wie man wohnt – was für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit ist, bleibt für Menschen mit Behinderungen bis heute oft ein Wunschtraum. Eine Motion der nationalrätlichen Sozialkommission will dies nun ändern. Die Motion beauftragt den Bundesrat mit der Revision des betreffenden Rahmengesetzes und fordert eine zeitgemässe Rechtsgrundlage für die Regelung des Wohnens von Menschen mit Behinderungen.
Selber entscheiden wo und mit wem man wohnt, wann man aufsteht und was man isst – oder ganz einfach: mehr Autonomie. Zahlreiche Menschen mit Behinderungen, die heute in einem Heim leben wünschen sich mehr Freiheit bei der Entscheidung wie und wo sie wohnen. Die aktuelle Fassung des Bundesgesetzes über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) ist aber auf ein Leben in Institutionen ausgerichtet – und steht damit in Kontrast zu internationalen Verpflichtungen, der Bundesverfassung und der Vision für das selbstbestimmte Wohnen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK). Eine mit deutlicher Mehrheit eingereichte Motion der nationalrätlichen Sozialkommission (SGK-N) fordert vom Bundesrat nun die Revision des veralteten IFEG und die Schaffung einer zeitgemässen Rechtsgrundlage.
Mehr Autonomie dank ambulanter Unterstützungsleistungen
Die Revision des IFEG soll bestehende Fehlanreize beseitigen, das selbstbestimmte Wohnen mit ambulanten Unterstützungsleistungen fördern und Menschen mit Behinderungen insbesondere auch den Wechsel des Wohnsitzes in einen anderen Kanton ermöglichen – etwas das heute vielerorts nicht möglich ist, wenn die Kosten im neuen Wohnkanton höher sind als zuvor. Die aktuelle Situation verstösst nicht nur gegen die verfassungsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit, sondern auch gegen die UNO-Behindertenrechtskonvention.
Verbesserung der Kosteneffektivität
Durch den Fokus auf stationäre Wohnformen fehlen die notwendigen Mittel für den Aufbau eines ambulanten Unterstützungssystems und das Gewährleisten von bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum. Deshalb fordert die Motion einen Ressourcentransfer. «Unter-suchungen auf europäischer und globaler Ebene zeigen, dass die Gesamtkosten durch den angestrebten Paradigmenwechsel nicht steigen, die Kosteneffektivität aber deutlich zunimmt, da die Lebensqualität für die betroffenen Personen steigt», sagt Matthias Kuert Killer, Leiter Politik bei Inclusion Handicap. Die Motion sieht zur Gewährleistung der Kostenkontrolle zudem eine Plafonierung der Gesamtkosten pro Person vor.
Auftakt zu lange fälligem Prozess
Die freie Wahl von Wohnort und Wohnform ist für Menschen mit Behinderungen schon lange ein brennendes Anliegen. Der grosse Handlungsbedarf in diesem Bereich war nicht zuletzt einer der Gründe, weshalb die Inklusions-Initiative lanciert wurde. So wichtig das Anliegen auch ist, die Motion ist erst der Auftakt zu einem längeren Prozess – für die Neustrukturierung der Unterstützung im Wohnbereich soll deshalb auch eine Übergangszeit gelten, damit die Kantone einen entsprechenden Gesetzgebungsprozess abschliessen können.