Lasst uns nicht hängen! Rechte von Menschen mit Behinderungen konsequent und gemäss UNO-BRK umsetzenMedienmitteilung vom 21.10.2022: Petition Zusatzprotokoll zur UNO-Behindertenrechtskonvention
Heute hat Inclusion Handicap dem Bundesrat die Petition «Lasst uns nicht hängen: Ratifizierung BRK-Zusatzprotokoll, JETZT!» übergeben. Ein zentrales Anliegen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, denn die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) wird in der Schweiz immer noch mangelhaft umgesetzt. Inclusion Handicap erwartet von den Behörden deshalb konkrete gesetzliche Massnahmen. Einen ersten Tatbeweis zur Stärkung der Behindertenrechte kann der Bundesrat nun bereits leisten: Er ist aufgefordert, die Ratifizierung des Zusatzprotokolls sofort einzuleiten.
Die Umsetzung der UNO-BRK ist in der Schweiz immer noch mangelhaft. Vielmehr: Die Schweiz verletzt in vielerlei Hinsicht die Rechte der 1.8 Mio. Menschen mit Behinderungen. Dieses ernüchternde Fazit zog der UNO-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK-Ausschuss) in diesem Frühjahr, als er die Umsetzung der UNO-BRK in der Schweiz überprüfte. «Die von der BRK geforderte Inklusion wird in der Schweiz auf allen Staatsebenen zu wenig umgesetzt», sagt Maya Graf, Ständerätin und Co-Präsidentin von Inclusion Handicap (Grüne/BL). Inclusion Handicap fordert schon länger, dass Bund und Kantone konkrete gesetzliche Anpassungen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen an die Hand nehmen. «Es braucht einen Aktionsplan, der die Prioritäten, die Zuständigkeiten, einen Zeitplan sowie das nötige Budget verbindlich festhält», sagt Graf weiter.
Schweiz schützt ungenügend vor Diskriminierung
In ihrem Alltag werden Menschen mit Behinderungen in der Schweiz immer noch stark eingeschränkt: Es fehlt häufig an hindernisfreien und bezahlbaren Wohnungen, auch der Wechsel von Wohnort und Wohnform ist nicht immer möglich. Zudem werden auf allen Bildungsstufen Massnahmen des Nachteilsausgleichs oder die nötige Assistenz oft nicht gewährt. Und zahlreiche Menschen erleben Diskriminierungen am Arbeitsplatz. Wenn die Schweizer Gerichte nicht auf die Klagen der Betroffenen eintreten oder diese abweisen, können Menschen mit Behinderungen ihre Beschwerde heute nicht an die UNO weiterziehen. Die Ratifikation des Zusatzprotokolls zur UNO-BRK ändert dies.
Keine Ausnahmen geduldet
Wenn die Schweiz das Zusatzprotokoll unterzeichnet, können Menschen mit Behinderungen Rechtsverletzungen vor dem UNO-Ausschuss geltend machen. Anerkennt der UNO-Ausschuss die Beschwerde, macht er konkrete Empfehlungen an die Schweiz. In der Folge ist die Schweiz verpflichtet, den UNO-Ausschuss innerhalb von 6 Monaten über die Umsetzung dieser Empfehlungen zu informieren. Dieses Vorgehen hat sich schon bei der Konvention gegen Folter, der Konvention zur Beseitigung der Rassendiskriminierung sowie den Frauenrechts- und Kinderrechtskonventionen bewährt. Bei all diesen Abkommen hat die Schweiz die Notwendigkeit eines Zusatzprotokolls anerkannt – und die entsprechenden Anliegen konnten durch die Ratifizierung vorangetrieben werden. Verena Kuonen, Co-Präsidentin von Inclusion Handicap, selbst blind, macht deutlich, dass die Anliegen von Menschen mit Behinderungen nicht zweitrangig behandelt werden dürfen: «Es darf nicht sein, dass bei Menschen mit Behinderungen eine unrühmliche Ausnahme gemacht wird».
Bundesrat muss Tatbeweis erbringen
Der Bundesrat betonte stets, das Zusatzprotokoll sei zentral für den Stellenwert der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Er verwies aber bis jetzt auf die Zeit nach der Überprüfung durch den Uno-Ausschuss. Diese Überprüfung ist nun erfolgt. Das Zusatzprotokoll erweist sich als bitter nötig – es gibt keinen Grund mehr, zu zögern. Gleichzeitig kann die Ratifizierung des Zusatzprotokolls nur der Auftakt von weiteren notwendigen Massnahmen sein, um die Behindertenrechte in der Schweiz zu stärken. Über 13‘000 Menschen fordern den Bundesrat nun mit ihrer Unterschrift auf, aktiv zu werden. Der Bundesrat muss nun den Tatbeweis erbringen, dass er die Menschen mit Behinderungen in der Schweiz nicht hängen lässt.