Umsetzungsstau auf allen EbenenMedienmitteilung vom 29.06.2016: Initialstaatenbericht des Bundesrates zur UNO-Behindertenrechtskonvention
Der Bundesrat hat heute Rechenschaft zum Stand der Umsetzung der UNO- Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) abgelegt. Die Ergebnisse im Initialstaatenbericht sind stellenweise ernüchternd. «Ein selbstbestimmtes Leben ist für viele Menschen mit Behinderungen noch in weiter Ferne», sagt Pascale Bruderer Wyss, Präsidentin von Inclusion Handicap. «Sie begegnen jeden Tag zahlreichen Hindernissen.»
Die UNO-BRK trat in der Schweiz im Mai 2014 in Kraft, gut zwei Jahre später musste der Bundesrat nun erstmals vor dem UNO-Ausschuss für die Rechte der Menschen mit Behinderungen Rechenschaft ablegen. Inclusion Handicap anerkennt, dass es in den letzten Jahren auch dank dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) Verbesserungen gegeben hat. Optimistisch stimmt, dass der Bundesrat im Bericht auch Handlungsbedarf erkennt und dies mit der Nationalen Behindertenpolitik angehen will. Der Initialstaatenbericht liefert leider kaum Erkenntnisse darüber, wie sich die UNO-BRK auf den Alltag der Menschen mit Behinderungen auswirkt. Als Folge fehlender Daten und einem fehlenden systematischen Monitoring konnte nicht untersucht werden, ob und wie die UNO-BRK tatsächlich umgesetzt wird. Der Bericht beschränkt sich weitgehend auf eine Darstellung der bestehenden Rechtsgrundlagen.
Zu viele Sonderschulen, zu wenig Arbeitsplätze
«Die Schweiz ist von einer inklusiven Gesellschaft, wie sie die UNO-BRK verlangt, noch weit entfernt», sagt Bruderer Wyss. Die aktuelle Gesetzgebung sieht vor, dass integrative Lösungen stets vorzuziehen sind, wenn es dem Wohl und den Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes dient. Dennoch leben knapp 30‘000 Personen in Heimen, knapp 40‘000 Kinder mit Behinderungen besuchten keine Regelklasse (Stand 2008). Inklusion ist auch auf dem Arbeitsmarkt noch ein Fremdwort: Viele Menschen mit Behinderungen, die arbeiten wollen und – bei geeigneter Einsatzmöglichkeit – arbeiten können, sind heute ohne Arbeitsstelle. Auch die 18‘000 Menschen, die in Werkstätten arbeiten, sind ein Hinweis dafür, dass die Schweiz von einem offenen Arbeitsmarkt noch weit entfernt ist. Es fehlen ein wirksamer Diskriminierungsschutz sowie verbindliche Zielvorgaben für die Arbeitgebenden.
Die Sicht der Betroffenen: Der Schattenbericht im kommenden Jahr
Inclusion Handicap analysierte die Umsetzung der UNO-BRK ausführlich und verfasste zusammenfassend eine kritische Würdigung, die dem Initialstaatenbericht angehängt ist. «Ein grosses Problem ist, dass eine systematische Prüfung von Gesetzgebung und Praxis auf die Vereinbarkeit mit der UNO-BRK nur ungenügend stattfindet», so Bruderer Wyss. Im kommenden Jahr wird Inclusion Handicap einen «Schattenbericht» beim UNO-BRK Ausschuss einreichen, und die Mängel bei der Umsetzung der Konvention hervorheben. Die kritische Würdigung wurde in Zusammenarbeit mit den Mitgliederorganisationen von Inclusion Handicap verfasst.
Auskunft
Pascale Bruderer Wyss, Präsidentin, T: 076 527 17 56
Caroline Hess-Klein, Abteilungsleiterin Gleichstellung, T: 031 370 08 30