Status quo für Familien – Qualität der Gutachten soll verbessert werdenMedienmitteilung vom 19.09.2019: IV-Weiterentwicklung im Ständerat
Inclusion Handicap ist erleichtert, dass sich der Ständerat im Rahmen der IV-Weiterentwicklung gegen eine Kürzung der Kinderrenten ausgesprochen hat. Erfreulich sind die beschlossenen Massnahmen, die die Qualität der Gutachten verbessern sollen. Leider hält der Ständerat am stufenlosen Rentensystem fest: Er kürzt Leistungen ausgerechnet bei Personen mit einem hohen IV-Grad und geringen Eingliederungschancen.
Der Ständerat will verhindern, dass Familien mit IV-Renten in die Armut gedrängt werden und stellt sich gegen die Kürzung der Kinderrenten. Im März hatte der Nationalrat die Kinderrenten noch um einen Viertel streichen wollen, was bis 237 Franken pro Kind und Monat ausmachen würde. Damit würden betroffene Familien und Kinder in die Armutsfalle tappen.
Der Ständerat korrigierte auch den unsäglichen Entscheid, die Kinderrenten in «Zulagen für Eltern» umzubenennen. Dieser würde nur massive Ausgaben für einen administrativen Leerlauf mit sich bringen. Inclusion Handicap fordert den Nationalrat auf, dem Ständerat in beiden Punkten zu folgen.
Qualität der Gutachten muss sich verbessern
Erfreulich ist, dass der Ständerat die Qualität der medizinischen Gutachten verbessern will. Mit den Gutachten klären Ärztinnen die Höhe der Arbeitsfähigkeit einer Person mit Behinderungen ab. Solche Aufträge sind höchst lukrativ. Da die IV Geld sparen soll, liegt die Vermutung nahe, dass die IV-Stellen gerne denjenigen Medizinern Aufträge zuschanzen, welche tendenziöse Gutachten verfassen und professionelle Standards vermissen lassen – auf Kosten der Versicherten. Erhält eine Gutachterin viele Aufträge der IV, ist deren finanzielle Unabhängigkeit gefährdet.
Mehrere solcher Skandale sind an die Öffentlichkeit gelangt, wie das Beispiel des Gutachterinstitutes PMEDA zeigt. Um solchem Missbrauch vorzubeugen, sollen die Gespräche aufgezeichnet werden. Dies schützt die Versicherten vor falschen Angaben, und die Gutachter vor falschen Anschuldigungen.
Stufenloses Rentensystem bestraft Menschen mit schweren Behinderungen
Je höher die Arbeitsfähigkeit einer Person mit Behinderungen, desto grösser ihre Chancen, eine Stelle zu finden. Durch das neue Rentensystem erhalten Personen bis zu einem IV-Grad von 59% höhere und diejenigen mit einem höheren IV-Grad (60 bis 69%) tiefere Rentenleistungen als heute. Menschen mit schweren Behinderungen finanzieren also die Versicherten mit höherer Arbeitsfähigkeit und besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Kommt hinzu, dass der Begriff «stufenlos» eine Mogelpackung ist, da die grösste Stufe bestehen bleibt: Personen, die bis 39 Prozent erwerbsunfähig sind, haben kein Anrecht auf IV-Renten. Immerhin lehnte der Ständerat den Vorschlag ab, eine ganze Rente erst ab einem IV-Grad ab 80 Prozent zu gewähren. Dies hätte die gesamte Vorlage gefährdet.
Das Hauptziel der IV-Weiterentwicklung ist die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt, beispielswiese durch den Ausbau der Beratungsangebote oder der Früherfassung. Inclusion Handicap unterstützt diese Stossrichtung, die weitgehend unbestritten ist.
Die Differenzen bei der IV-Weiterentwicklung gehen nun zurück in den Nationalrat. Inclusion Handicap wird sich dort weiterhin mit aller Kraft für die Interessen der Menschen mit Behinderungen einsetzen. Insbesondere bei der Kürzung der Kinderrenten muss die grosse Kammer auf ihren Entscheid zurückkommen.