Richtiger Fokus auf berufliche Eingliederung JugendlicherMedienmitteilung vom 15. Februar 2017: Botschaft des Bundesrates zur IV-Weiterentwicklung
Der Bundesrat hat heute eine ausgewogene Botschaft zur IV-Weiterentwicklung präsentiert. «Es ist richtig, den Fokus auf die berufliche Eingliederung von Jugendlichen mit psychischen Beeinträchtigungen zu setzen», sagt Pascale Bruderer Wyss, Präsidentin von Inclusion Handicap.
Die Weiterentwicklung bei der IV vermag zwar nicht in allen Punkten zu überzeugen. Die Stossrichtung jedoch stimmt: Die Vorlage setzt die Priorität richtig, indem der Fokus auf das hohe berufliche Eingliederungspotenzial von Jugendlichen mit psychischen Beeinträchtigungen gerichtet wird. Dieses ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.
Inclusion Handicap fordert vehement, dass diese Eingliederungsmassnahmen auch einer echten Wirkungskontrolle unterzogen werden. Dies heisst: «Was passiert mit den Menschen mit Behinderungen nach Abschluss einer Eingliederungsmassnahme? Haben sie zwei Monate später noch einen Job? Landen sie bei der Sozialhilfe? Diese und weitere zentrale Fragen lassen sich bis heute nicht beantworten, da verlässliche Zahlen dazu fehlen. Es darf nicht sein, dass die IV als einziges Erfolgskriterium den Rückgang der Renten beizieht», sagt Bruderer Wyss. Erfreulich und folgerichtig ist die Einsicht des Bundesrats, dass keine weiteren Sparmassnahmen nötig sind.
Stufenloses Rentensystem: Wirkung wird überschätzt
Inclusion Handicap begrüsst grundsätzlich Anreize, die zu einer verbesserten Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen führen. Mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen stufenlosen Rentensystem wird dies jedoch nur teilweise erreicht werden. Immerhin sieht der Bundesrat vor, dass weiterhin ab einem Invaliditätsgrad von 70% eine ganze IV-Rente ausgerichtet wird. Es ist zudem zu begrüssen, dass das neue System zu einem grossen Teil nur für Neurentnerinnen und -rentner gelten soll. Das stufenlose Rentensystem führt jedoch dazu, dass eine Person, die z.B. aufgrund eines Hirnschlags oder einer Parkinsonerkrankung einen Invaliditätsgrad von 62% aufweist, keine Dreiviertelsrente mehr erhält. Statt wie bisher maximal 1‘763 Franken pro Monat würde sie neu lediglich noch maximal 1‘457 Franken erhalten.
Um die finanziellen Einbussen ausgleichen zu können, sollen die Betroffenen im Rahmen ihrer Arbeitsfähigkeit einer Teilzeitarbeit nachgehen. «Damit sie eine Stelle finden, müsste sich der Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen drastisch verbessern. Die heutigen realen Verhältnisse zeigen, dass dies nicht ohne ein verstärktes Engagement auf Arbeitgeberseite möglich sein wird», so Bruderer Wyss.
Arbeitsmarktkonferenz soll Verbesserungen bringen
Es führt kein Weg daran vorbei, dass die Arbeitgeber mehr Engagement an den Tag legen müssen, um die berufliche Eingliederung der Menschen mit Behinderungen voranzutreiben. Es ist störend, dass genau jene Kreise bei der IV kürzen wollen, die es in der Hand hätten, die betroffenen Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren – sich aber gegen jegliche Verpflichtungen sträuben. Ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation soll die «Nationale Konferenz zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen» sein, die im Januar angelaufen ist. Bis im Dezember sollen konkrete Massnahmen verabschiedet werden. Inclusion Handicap bringt sich in diesem Prozess, der durch ein Postulat von Bruderer Wyss in die Gänge gekommen ist, aktiv ein.