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Bedarf nach betreutem Wohnen muss auch im IV-Bereich anerkannt werdenVernehmlassungsvorlage des Bundesrates: Änderung des Ergänzungsleistungsgesetzes (ELG)

Am 21. Juni 2023 hat der Bundesrat eine Änderung des Ergänzungsleistungsgesetzes (ELG) in die Vernehmlassung geschickt. Mit seiner Vorlage will er die Autonomie älterer Menschen und das Wohnen im eigenen Zuhause fördern.

Für Bezüger:innen von Ergänzungsleistungen zur AHV-Rente schlägt der Bundesrat daher Betreuungsleistungen vor, die im Rahmen der Krankheits- und Behinderungskosten vergütet werden sollen. Zudem will der Bundesrat auch zwei EL-spezifische Situationen verbessern:

  1. Ergänzungsleistungsbeziehende mit einem Assistenzbeitrag für eine Nachtassistenz sollen Anspruch auf einen Zuschlag für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für die Nachtassistenz erhalten.
  2. Der Zuschlag für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung soll nicht mehr durch die Anzahl aller im Haushalt lebenden Personen geteilt werden. Er soll nur noch bei der Berechnung derjenigen Person berücksichtigt werden, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Wenn mehrere Personen auf einen Rollstuhl angewiesen sind und zusammenleben, soll pro Wohnung jedoch nur ein Zuschlag gewährt werden.

Betreutes Wohnen muss auch für EL-Beziehenden zur IV vorgesehen werden

Dass der Bundesrat das betreute Wohnen im AHV-Alter im Rahmen der EL anerkennen will, ist wichtig und richtig. Allerdings bedarf es einer solchen Anpassung zwingend auch für Menschen mit Behinderungen, die das AHV-Alter noch nicht erreicht haben. Der Bedarf nach betreutem Wohnen existiert gleichermassen bei AHV-Beziehenden und bei IV-Beziehenden und alle Argumente zur Förderung der Autonomie und des Wohnens im eigenen Zuhause sind auch im IV-Bereich gültig. Zudem hat der UNO-Ausschuss anlässlich der Überprüfung der Schweiz bei der Umsetzung der UNO-BRK in seinen Concluding Observations (externer Link) vom März 2022 kritisiert, dass die Schweiz noch zu stark auf institutionelle Wohnformen fokussiert und nur unzureichende Unterstützungsleistungen für selbständiges Wohnen anbietet. Der UNO-Ausschuss fordert die Schweiz dementsprechend dazu auf, Menschen mit Behinderungen ein Leben ausserhalb eines Heimes zu ermöglichen. Inclusion Handicap ist daher enttäuscht, dass der IV-Bereich in der bundesrätlichen Vorlage gänzlich fehlt, und fordert eine Anerkennung des betreuten Wohnens durch die EL auch für Personen mit IV-Leistungen.

Zu tiefer Zuschlag für die Miete eines Zimmers für eine Nachtassistenz

Inclusion Handicap begrüsst die Einführung eines Zuschlags für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für die Nachtassistenz und schliesst sich der Begründung des Bundesrates in den Erwägungen an: Arbeitgebende mit Assistenz müssen sowohl zum Schutz ihrer eigenen Privatsphäre aber auch derjenigen der Assistenzpersonen die Möglichkeit haben, ein Zimmer für die Nachtassistenz anzubieten.

Mit den seit 2021 geltenden Mietzinsmaxima für Personen, die in gemeinschaftlichen Wohnformen leben und bei denen keine gemeinsame EL-Berechnung erfolgt, lässt sich ein zusätzliches Assistenzzimmer für eine Nachtassistenz nicht mehr finanzieren. Ein Zuschlag kann verhindern, dass Personen aus ihren Wohngemeinschaften ausziehen müssen. Allerdings lässt sich dies nur dann verhindern, wenn die Wohnung mit dem zusätzlichen Assistenzzimmer durch einen Zuschlag auch tatsächlich finanziert werden kann. Dies ist mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Betrag (z.B. in der Region 1: monatlich 270 Franken) aber nicht gewährleistet. Für eine wirksame Problemlösung fordert Inclusion Handicap daher eine substantielle Erhöhung des Zuschlags.

Rollstuhlzuschlag muss an der betroffenen Person anknüpfen

Inclusion Handicap begrüsst es, dass der Zuschlag für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung gemäss Bundesrat nicht mehr durch die Anzahl aller im Haushalt lebenden Personen geteilt werden soll. Nicht einverstanden ist der Dachverband aber damit, dass der Zuschlag pro Wohnung nur einmal gewährt werden soll, wenn mehrere auf einen Rollstuhl angewiesene Personen zusammenleben. Das bundesrätliche Argument, dass die Anzahl Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, für die Mehrkosten aufgrund der Rollstuhlgängigkeit der Wohnung keine Rolle spielt, teilt Inclusion Handicap nicht. Die Anzahl Personen spielt sehr wohl eine Rolle, denn rollstuhlgängige Wohnungen befinden sich fast ausschliesslich in Neubauten und sind substanziell teurer. Die höheren Mietkosten schlagen sich zudem auf alle Räumlichkeiten und insbesondere auch auf zusätzliche Zimmer nieder. Der Anspruch auf den Rollstuhlzuschlag muss daher an der auf einen Rollstuhl angewiesenen Person und nicht an der Wohnung anknüpfen.

Der Dachverband wird eine Vernehmlassungsantwort einreichen und steht interessierten Kreisen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.